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DGNB Zertifizierung für biodiversitätsfördernde Außenräume - Die neun Kriterien im Überblick

Die neun Kriterien im Überblick
DGNB Zertifizierung für Biodiversität

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Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat ein neues Zertifizierungssystem speziell für biodiversitätsfördernde Außenräume entwickelt. Hier erfahren Sie, welche neun Kernkriterien das System umfasst – und wie diese zur Bewahrung der Artenvielfalt und zur langfristigen Wirtschaftlichkeit von Gebäuden und Quartieren beitragen können. 

Weltweit ist ein dramatischer Rückgang der Biodiversität zu beobachten. Der Verlust von Ökosystemen, Tier- und Pflanzenarten schadet nicht nur unserer Lebensqualität, sondern bedroht auch unsere Lebensgrundlage. Zu den Hauptursachen für den Rückgang zählen menschliche Eingriffe wie Landnutzungsänderungen, der Abbau natürlicher Ressourcen, Umweltverschmutzung, die Ausbreitung invasiver Arten und auch der Klimawandel.

Der Bau- und Immobiliensektor kann viel tun, um diesem Trend entgegenzuwirken – beispielsweise, indem er Außenbereiche biodiversitätsfördernd gestaltet. Dies bringt viele Vorteile mit sich: Es schützt bedrohte Tier- und Pflanzenarten, erhält natürliche Ökosysteme, verbessert das Wohlbefinden der Menschen, die diese Räume nutzen, und trägt zur Klimaanpassung bei. So können zum Beispiel naturnahe Außenbereiche besser mit extremen Wetterbedingungen wie Starkregen und Hitzeperioden umgehen.

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Neues Zertifizierungssystem der DGNB 

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. befasst sich bereits seit 2018 mit sinnvollen Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität – und zwar in ihren Kriterienkatalogen für die Zertifizierung von Gebäuden und Quartieren. Seit letztem Jahr geht sie noch einen Schritt weiter und hat ein neues Zertifizierungssystem speziell für biodiversitätsfördernde Außenräume entwickelt. Dieses soll Unternehmen, Kommunen und Quartiersentwicklern dabei helfen, bebaute Grundstücke, Fassaden und Dächer so zu gestalten und zu pflegen, dass diese die biologische Vielfalt erhalten und fördern – in bestehenden Siedlungsstrukturen wie auch beim Neubau.

Ganz allgemein dient das DGNB Zertifizierungssystem als unterstützendes Planungs- und Optimierungstool. Sowohl Entscheidungsträger als auch alle an der Umsetzung Beteiligten erhalten über die Kriterienkataloge praxistaugliche Anweisungen und Hilfestellungen. Diese helfen dabei, nachhaltige Projekte erfolgreich umzusetzen, und sorgen dafür, dass alle Beteiligten das nachhaltige Bauen und seine Vorteile und Potenziale besser verstehen.

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Geeignete Flächen identifizieren

Gemeinsam mit der Bodensee-Stiftung und weiteren Expertinnen und Experten aus den Bereichen Planung, Ausführung, Pflege und Naturschutz hat die DNGB insgesamt neun Kriterien für das neue Zertifizierungssystem entwickelt. Diese umfassen ökologische, ökonomische sowie soziokulturelle und funktionale Aspekte. Anhand dieser Kriterien werden – unter fachlicher Anleitung – geeignete Flächen auf bebauten Grundstücken, an Fassaden und auf Dächern identifiziert und dann so gestaltet, dass die Arten- und Ökosystemvielfalt optimal und dauerhaft bewahrt wird.

Neben der positiven Wirkung für Mensch und Umwelt lassen sich dadurch langfristig Kosten sparen und Investitionsrisiken minimieren. Zudem sind Unternehmen  mit nachweislich biodiversitätsfördernd gestalteten Außenräumen bestens gewappnet, die zunehmende Regulatorik beispielsweise der EU-Taxonomie zu erfüllen.

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Partizipation erwünscht

Wie bei allen Baumaßnahmen gilt es, alle Beteiligten – inklusive der späteren Nutzenden wie Mitarbeitende, Bürgerinnen und Bürger – frühzeitig in die Prozesse einzubinden. Neben einem reibungslosen Ablauf ist durch Aufklärung und Partizipation auch die spätere Akzeptanz sichergestellt. Denn eine naturnahe Gestaltung kann wild und ungeordnet wirken, was auf Anhieb nicht jedem gefällt.

Es gilt also, gerade die Nutzenden in den Entstehungsprozess zu involvieren, frühzeitig Aufklärungsarbeit zu leisten und unter Umständen auch die Gelegenheit zur Mitwirkung anzubieten. Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die Ihren Mitarbeitenden einen Teil der Arbeitszeit für die Pflege der Außenräume gutschreiben. Neben dem Lerneffekt steigt dadurch nicht nur die Akzeptanz, sondern auch die Identifikation mit dem Ort und die Lust, gewonnene Erkenntnisse weiterzugeben.

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Die neun Kriterien im Überblick


Ökologische Qualität (70 %)

  • ENV1-A Lebensräume (20 %)
  • ENV2-A Vegetation (20 %)
  • ENV3-A Umgebungsbezug (7,5 %)
  • ENV4-A Wasser (10 %)
  • ENV5-A Flächeninanspruchnahme (7,5 %)
  • ENV6-A Materialien (5 %)

Ökonomische Qualität (10 %)

  • ECO1-A Kosten und Werte (10 %)

Soziokulturelle und funktionale Qualität (20 %)

  • SOC1-A Partizipation und Wissensvermittlung (10 %)
  • SOC2-A Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit (10 %)

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Beispiele für die praktische Umsetzung


Ökologische Qualität

In den Kriterienkatalogen des neuen DGNB-Zertifizierungssystems werden Ziele, Nutzen und Maßnahmen klar und verständlich dargelegt. Besonderes Augenmerk liegt auf der ökologischen Qualität, mit sechs Schlüsselbereichen: die Förderung der Artenvielfalt durch naturnahe Lebensräume, die Auswahl und Vernetzung heimischer Pflanzenarten, der Schutz des lokalen Wasserhaushalts, die nachhaltige Bodennutzung, die Erhaltung der Bodenfunktionen und der Einsatz umweltfreundlicher Materialien. Die konkrete Umsetzung dieser ökologischen Ziele beginnt bereits in der Planungsphase.

  • Lebensräume: Im Falle von Erdarbeiten sollten die Bereiche erhalten bleiben, auf denen sich später der möglichst großflächige, naturnah gestaltete Außenraum befindet. Dadurch wird ein Stück natürlicher Lebensraum bereits dort ansässiger Tier- und Pflanzenarten bewahrt. Gründächer und Fassadenbegrünungen schaffen ebenso wie Nistkästen an der Fassade zusätzlichen Lebensraum für Vögel und Insekten.
  • Vegetation: Heimische Pflanzen bilden die Nahrungsgrundlage zahlreicher Tiere und Insekten, die in der Nahrungskette wiederum wichtig für Vögel sind. Pflanzen, die zum Standort passen, sind robuster und erzeugen weniger Folgekosten.
  • Umgebungsbezug: Die Vernetzung der Flächen mit bereits bestehenden Außenräumen und deren stabilen Ökosystemen vervielfacht das ökologische Potenzial. Übergeordnet wirkt eine angestrebte weitläufige Vernetzung der grün-blauen Infrastruktur insbesondere im ländlichen Raum der Zerschneidung von Landschaften entgegen.
  • Wasser: Eine standortgerechte und naturnahe Bepflanzung kommt weitestgehend ohne Bewässerung aus und puffert die Folgen von Starkregenereignissen ab. Die Wiederverwendung von Abwasser und die Regenwassernutzung benötigen weniger aufwändige Infrastrukturmaßnahmen und senken die Kosten für Trink- und Abwasser im laufenden Betrieb.
  • Flächeninanspruchnahme: Grundsätzlich gilt wie bei allen Bauprojekten eine möglichst geringe Fläche zu bebauen und, wo möglich, Böden zu entsiegeln um diese biodiversitätsfördernd zu gestalten.
  • Materialien: Eingesetzte Materialien sollten sich positiv auswirken und keine Giftstoffe enthalten, möglichst langlebig und kreislauffähig sein. In der weiteren Betrachtung der Wertschöpfungskette müssen sie volle Transparenz bezüglich einer umwelt- wie sozialverträglichen Rohstoffgewinnung und Verarbeitung bieten.

Ökonomische Qualität

Anhand des Kriteriums zur ökonomischen Qualität Kosten und Werte lassen sich sowohl die langfristige Wirtschaftlichkeit als auch mögliche Risiken durch den Klimawandel am Standort ableiten und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um Fehlinvestitionen zu verhindern. Zudem können die Maßnahmen der Zertifizierung in die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen einfließen.


Soziokulturelle und funktionale Qualität

Die beiden Kriterien zur soziokulturellen und funktionalen Qualität Partizipation und Wissensvermittlung sowie Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit schaffen positive Effekte für den Menschen und zielen auf die Einbindung der Nutzenden hinsichtlich Beteiligung, Naturerfahrung und Bildung ab. Hinzu kommen naturnah gestaltete Aufenthaltsmöglichkeiten, die Förderung des gemeinschaftlichen Miteinanders von Mensch und Umwelt und barrierefreie Zugänge, um den uneingeschränkten Zugang für alle zu garantieren.

Ziel ist es, die Akzeptanz umgesetzter Projekte und eine damit verbundene Wertschätzung im Umgang zu fördern. Das trägt dazu bei, die Natur bewusst wahrzunehmen, und führt im besten Fall dazu, dass gewonnene Erkenntnisse zur biologischen Vielfalt weitergegeben werden.


Bei allen Maßnahmen geht es also um das Zusammenspiel zwischen …

  • dem größtmöglichen positiven Effekt für die Biodiversität,
  • einem langfristigen wirtschaftlichen Nutzen und
  • den positiven Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen.

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Verpflichtende Rezertifizierung

Der Ablauf einer Zertifizierung ist in vier Phasen eingeteilt, die den Planungs-, Umsetzungs- und Nutzungsprozess eines Außenraums beschreiben. Dabei ist der Planungsprozess in die beiden Phasen A: Bestandsaufnahme und B: Konzeption gegliedert. Darauf folgt Phase C: Umsetzung. Phase D: Betrieb und Pflege regelt den Ablauf nach Fertigstellung.

Nach Abschluss der Umsetzungsphase C wird das DGNB Zertifikat gemäß der erreichten Stufe in Platin, Gold, Silber oder Bronze (nur Bestand) vergeben und muss im Rahmen einer verpflichtenden Rezertifizierung regelmäßig bestätigt werden.

Denn Biodiversität ist keine einmalige Planungsaufgabe, sondern bedarf einer fortwährenden professionellen ökologischen Pflege. Zumal die Ergebnisse erst nach einiger Zeit bewertbar sind. Mindestens so wichtig wie eine gute Planung und die fachgerechte Umsetzung sind also Konzepte zum Erhalt und der Weiterentwicklung des biodiversitätsfördernden Zustands durch Fachkräfte. Nur dann ist sichergestellt, dass die ökologische Vielfalt erhalten bleibt. Die erste Bestätigung des Zertifikats erfolgt bereits ein Jahr nach Fertigstellung und muss dann alle drei Jahre wiederholt werden.

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Fördermöglichkeiten der KfW

Im Rahmen des KfW-Umweltprogramms »Natürliche Klimaschutzmaßnahmen« (240 / 241) werden biodiversitätsfördernde Maßnahmen kleiner und großer Unternehmen sowohl durch einen günstigen Zinssatz als auch durch einen Tilgungszuschuss unterstützt. Kommunen haben die Möglichkeit, über das Förderprogramm »Natürlicher Klimaschutz in Kommunen« (444) Zuschüsse zu erhalten.

Weiterführende Informationen finden Sie unter www.dgnb.de/zertifizierung/biodiversitaet

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